Faire Kleidung – eine kurze Analyse des Status quo.

Auch wenn das jetzt sehr sarkastisch klingen mag, aber langsam verliere ich den Glauben daran, dass selbst eine Katastrophe wie im April 2013 in Bangladesh mit 1.127 Toten noch eine großartige Veränderung der Modewelt bewirken kann. Auch Fukushima hat ja noch nicht überall ein Umdenken bei der Stromerzeugung bewirkt, doch dazu mehr an anderer Stelle. Bevor ich aber an der menschlichen Trägheit verzweifle, habe ich lieber recherchiert. Was passiert da jetzt wirklich in der Welt von Kik, H&M bis Armani und Prada?
Nicht für Österreich, aber für Deutschland, lässt sich brauchbares Zahlenmaterial finden. Auch hier zeichnet sich eine Zweitteilung der Gesellschaft ab – knapp die Hälfte der Bevölkerung (47%) wünscht sich mehr nachhaltig und sozialverträglich produzierte Bekleidung, während etwas mehr als die Hälfte hauptsächlich billige Kleidung sucht. Bei durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben von 835€ pro Person und Jahr ist das aber immerhin ein Umsatzpotential von knapp 32 Mrd. Euro an fairer Kleidung, was fast dreimal so viel ist, wie Deutschland aus China und Bangladesh zusammen importiert.
Das renommierte Zukunftsinstitut (www.zukunftsinstitut.de) prognostiziert einen klaren Trend zu einer „Entschleunigung“ der Bekleidungsindustrie und zu mehr Transparenz – der Kunde will wissen, was er kauft. Die Zuwachsraten sozial und ökologisch produzierter Textilien belegen das auch, so stiegt der Umsatz mit fair gehandelter Kleidung in Deutschland letztes Jahr um 157%. Kleine Labels schießen allerorts aus dem Boden, zuletzt auch in der Welt der großen Player, Anfang 2012 gründete der Ex-Creative Director von Hugo Boss sein eigenes, 100% transparentes Modelabel.
Ein Umstand, der hier aber noch mehr bewegen wird, ist die Tatsache, dass die Billiglohnländer von heute bald nicht mehr so billig sein werden. China ist beispielsweise nur mehr weit im Landesinneren so günstig, dass sich die Produktion für die breite Masse auszahlt. Und auch in Bangladesh steigen zurzeit – nicht zuletzt der Brandkatastrophe geschuldet – die Löhne stark. Wir werden also in den nächsten Jahren erleben, dass sich die Textilfabriken, die gute Qualität liefern können, in einer immer stärkeren Marktposition befinden. Sobald die sich aussuchen können, wen sie beliefern, ist es wohl zu Ende mit dem T-Shirt um 2,99€. Dann werden nur mehr die Bekleidungsfirmen gute Geschäfte machen, die in einem fairen und partnerschaftlichen Prozess den Konsumenten gute Qualität liefern, den Lieferanten angemessene Preise zahlen und ihren Arbeitern faire Löhne ermöglichen. Dafür bekommen Sie verlässliche Lieferungen, keine schlechte Presse, was die größte Angst der großen Ketten ist, und deutlich zufriedenere Kunden.
In diesem Szenario werden die Gewinne der Firmen nicht durch die Decke gehen, aber dafür erfreulich stabil sein. Wenn Sie also Modelabels ausmachen, die nicht mehr zur Bek-leid-ungsindustrie gehören sondern diesen neuen Weg beschreiten – investieren Sie in diese Firmen. Oder lassen Sie Fondsmanager und Nachhaltigkeitsexperten solche Firmen für Sie suchen. Und berücksichtigen Sie die 1.127 Toten auch beim Einkaufen, damit sich wirklich was ändert.