Wie funktionieren eigentlich Bürgerbeteiligungsmodelle?

In Deutschland hat vor allem die Energiewende einen enormen Zuwachs an Bürgerbeteiligungsmodellen bewirkt. Ein Großteil der unzähligen kleinen und großen Photovoltaik- und Windkraftanlagen wurde über Projektfinanzierungen im Rahmen sogenannter „geschlossener Fonds“ finanziert. In Österreich ist es vor allem Heini Staudingers Verdienst, dass er durch seinen Streit mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) dafür gesorgt hat, dass alternative Finanzierungsformen bekannter wurden. Im Folgenden möchte ich drei Fragen um das Thema beantworten.
Warum gibt es Bedarf an Bürgerbeteiligungsmodellen?
Hier gibt es zwei Erklärungen, die sich gegenseitig sogar noch verstärken. Erstens vergeben Banken zurzeit ungern Kredite an den Mittelstand. Um die Banken krisenresistenter zu machen laufen weltweit Bemühungen, die Eigenkapitalquote der Banken zu heben, Stichwort Basel II und III. Und während des notwendigen Aufbaus von Eigenkapital fehlt dieses Geld dort, wo es verborgt werden sollte. Dadurch ist die Finanzierung vieler Unternehmen nicht mehr wie vor 2008 möglich und wir haben die vielzitierte Kreditklemme. Zweitens – wie bei Nahrungsmitteln und Kleidung – wollen immer mehr Anleger wissen, was genau mit ihrem Geld passiert – ein völlig unmögliches Unterfangen mit einem Sparbuch bei einer Großbank, nur so zum Beispiel. Und dieser Trend verstärkt wiederum die Nachfrage nach alternativen Finanzierungsformen.
Welche Typen von Bürgerbeteiligungsmodellen gibt es?
Wie bei allen Investitionsentscheidungen hat man als Anleger hier die Wahl, (Mit-) Eigentümer oder Schuldner eines Unternehmens zu werden. Ersteres funktioniert über Genussscheine, Beteiligung an geschlossenen Fonds oder auch direkten Kauf von Photovoltaikmodulen, die dann an eine Betreiberfirma vermietet werden. Der Anleger ist Miteigentümer und trägt das volle unternehmerische Risiko mit, hat in der Regel keine fixe Laufzeit und keine fixen Zinsen – aber dafür höhere Ertragschancen. Wenn ich über Anleihen (im Crowdinvestingbereich in der Regel nachrangige Anleihen) einem Unternehmen Geld zur Verfügung stelle habe ich zwar meist niedrigere Renditen, aber dafür klare Laufzeiten und Zinsen.
Wie schaut das in der Praxis aus?
Wenn ich mich an nachhaltigen Unternehmen beteiligen will kann ich über Plattformen wie beispielsweise www.greenrocket.at Anteile zeichnen. Unternehmen definieren, wie viel Geld sie für welche Maßnahmen benötigen und werden auf der Plattform gelistet. Sobald die benötige Summe von mehreren Investoren zugesagt wird ist das Geschäft gültig, wird diese Schwelle nicht erreicht, passiert gar nichts. Nachrangige Anleihen werden hingegen meist direkt vergeben, hier wird so lange Geld gesammelt, bis der vordefinierte Bedarf des Unternehmens gedeckt ist, dann wird das Projekt geschlossen. Beispiele dafür waren in der Vergangenheit Firmen wie Staudingers Firma Gea oder die „Grüne Erde“, die zwischen 4% und 6% an Zinsen pro Jahr zahlen. Solche Projekte wird es wohl in Zukunft immer wieder geben. Ich werde in Kürze hier eine solche Möglichkeit vorstellen.